Sonntag, April 06, 2008

Kauf nicht irgendwas, tu dir was Gutes!

Das ist eigentlich die Kernaussage einer jeden Werbung: Kauf unser Produkt und tu dir damit automatisch etwas Gutes.

Jetzt gibt es sehr viele poentielle Konsumenten, die Werbung an sich ablehnen und schlimm finden (da kommerziell, unseriös, etc.) und fest daran glauben, dass Werbung sie nicht beeinflußt. Ein lobenswerter Ansatz, aber leider nicht richtig. Man kann sich in unserer Zeit der Werbung nicht enziehen, da sie überall lauert und wir uns unbewußt nun mal doch beeinflußen lassen. Aber eigentlich möchte ich auf etwas ganz anderes hinaus:

Es ist sehr einfach einen bestimmten Spot oder ein Plakat schlecht zu finden, als umgekehrt (wobei mir persönlich die guten Spots dafür umso länger in Erinnerung bleiben: Levi´s, der schwarz-weiße Spot für ein Jil Sander Parfum mit Linda Evangelista und "You are so beautiful", die C&A-Werbung mit "dream a little dream of me", First time und Coca Cola - all diese Spots verdammt lang her übrigens).

Vielleicht ist es auch eine Berufkrankheit von mir, aber bei schlechten Spots bin ich irgendwie immer betroffen. Zum Beispiel find ich den aktuellen Obi-Spot fürchterlich, aber ich glaube auch, dass er funktioniert.

Zur Zeit gibt es einen Werbespot, der einige Werber wirklich fassungslos macht. Es geht um einen Spinat (bzw. Garnelen). Nachdem ich den das erste Mal gesehen hab, war ich wirklich fassungslos. Was genau sollte das denn? Zurück in die 80er? Und auch wenn das Münsterland besungen wird, so regt sich auch der Westfale in mir über dieses Machwerk auf. Und das Ganze auch noch von S&F!

Aber - und das ist das Ziel dieses Posts - es ist bw. sind nicht immer die Agentur bzw. die Werber schuld an einem Werbedesaster. In sehr vielen Fällen liegt es auch am Kunden selber.

Ich kann ja mal einen normalen Ablauf eines Spots/Plakat/etc. aufzeigen:

Der Kunde (Firma, Dienstleister, etc.) hat ein neues Produkt o.ä., was er bewerben möchte. Dafür schreibt er dann der Agentur ein Briefing. Im Idealfall sollten in diesem Briefing alle relevanten Fakten enthalten sein: Ziele, Zielgruppe, Budget, Inhalte, Konkurrenz, ....

Auf der Agenturseite erhält der Projektmanager oder Kundenberater das Briefing und setzt sich dann mit einem Team von Grafikern, Textern und evtl. Technikern zusammen. Meist erfolgt dann ein Brainstorming, man geht wieder auseinander, denkt und überlegt einzeln für sich, trifft sich wieder und -weil man ja kreativ ist und beweisen möchte, dass man eine gute Agentur ist- irgendwann hat man zwei, drei oder mehr verschiedene Kampagnenansätze. Idealerweise steckt da Herzblut und eine zündende Idee hinter. Das wird dann mit Stockmaterial in einer Präsentation perfekt aufgearbeitet und am Ende schickt man dem Kunden dann eine schöne Präsentation mit den ersten Ideen (die inner-agenturlichen Aspekte und Arbeitsschritte und ähnliches überspring ich mal; das wäre eine ganz andere Geschichte).

Und in vielen Fällen - nicht in allen, aber in vielen - sieht die Antwortmail des Kunden dann so aus:

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Liebe Pattie,

vielen Dank für die Präsentation und die ersten Entwürfe. Ich bin sie mit meinen Kollegen durchgegangen und wir haben da noch ein paar Anmerkungen:

Wir persönlich finde das echt lustig und gut, denken aber, dass es für unsere Zielgruppe etwas zu spitz und ironisch ist. Daher mal lieber etwas vom Gas runtergehen - mehr so in die Wohlfühlschiene (das ist jetzt in die Flüstertüte gesprochen) rein.

Dann sind uns noch ein paar Sachen aufgefallen, die superwichtig sind, aber von euch leider nicht beachtet wurden.

1. Unser Produkt wartet mit einer vollkommen neuen Technik auf, die es so in diesem Segment noch nicht gibt. Das ist aber für den Verbraucher wichtig zu wissen. Wir sind da quasi Trendsetter.

2. Das jahrelange Vertrauen der Kunden in uns. Das muss vor allem wegen Punkt 1 noch deutlich herausgestellt werden. Diese Aussage kommunizieren wir eigentlich immer. Daher verstehen wir nicht so ganz, warum ihr das völlig außen vor gelassen habt.

3. Der Preis. Hierzu brauch ich ja nicht viel zu schreiben. Für die Qualität sind wir wirklich preiswert. Deutlich billiger als die Konkurrenz (als Anhang findest die eine Preisliste mit den Preisen der Konkurrenz und unseren). Eigentlich ist das Prio 1.

4. Wir haben einen Award gewonnen. Okay, das konntet ihr nicht wissen, wir haben es selber grad erst erfahren, aber das ist superwichtig, weil es ja die Seriösität unterstreicht. Wir sind schon ein bißchen stolz drauf. Die Ergebnisse von Stiftung Warentest liegt beim Gesamturteil "Gut". Auch das muss gespielt werden.

Dann haben wir uns noch über folgendes Gedanken gemacht. Für mehr Aufmerksamkeit wäre ein beliebter Prominenter wichtig: Franz Beckenbauer, Thomas Gottschalk, Heidi Klum oder Veronika Ferres sind ja bei den Deutschen sehr beliebt (Verona Pooth geht ja jetzt nicht mehr). Wobei..Heidi Klum mit ihrer Show macht ja auch Negativ-Schlagzeilen. Was meinst du?

Superwitzig wäre natürlich dieser lange farbige Amerikaner, der immer sofort weint. Ich weiß grad den Namen nicht, aber meine Frau und mein Sohn finden den super.
ABER: Die dürfen nicht zuuuuuuu teuer sein. Also, wenn die das Budget sprengen, müssen wir eine andere Lösung finden. Kinder z.B. oder Tiere. Oder am besten Tiere UND Kinder (wie in diesem Spot mit dem kleinen Jungen und dem Eichhörnchen...der kommt hier im Haus bei den Frauen gut an).

Zur musikalischen Untermalung wäre ein Hit toll, den man dann mit deutschen Texten spielt. Vielleicht "Life is Life" oder "Say a little prayer"...

Leider ist uns hier im Haus auch noch kein gescheiter Name für unseren neuen Treppenlifter eingefallen. Könnt ihr da nochmal ran?

So, das ist eine lange Liste, aber ich denke, dass ihr das wie immer hinbekommt. Und leider ist es wirklich fürchterlich asap und wir haben ein ganz, ganz kleines Zeitfenster. Bekommt ihr das bis Donnerstag hin?

MfG
Frank

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Wenn man unter diesem Aspekt manche Werbung sieht, dann wird sie nicht besser, aber verständlicher.

4 Kommentare:

Hubert Grützenhuber hat gesagt…

Öh...naja...Hauptsache, Du verstehst, was Du da machst.

Aber warum muss das Münsterland für den Spinat herhalten? Ist das nicht irreführende Werbung, wenn der Spinat gar nicht komplett von hier kommt? Ich kann es mir jedenfalls nicht vorstellen, daß es hier direkt vor der Haustür riesige Spinat-Plantagen gibt, die den Bedarf von Iglo decken können. Aber vielleicht irre ich mich auch...

Ansgar hat gesagt…

Puh...viel Text. ;-)

Ex hat gesagt…

Das war so, das ist so und das wird auch immer so sein.

Der Kunde will die eierlegende Wollmilchsau und die Werber ihr Gesicht nicht verlieren.
Kreativität - schön. Aber nur wenn ...

MARTIN KOENNING hat gesagt…

Warum machen die die Werbung denn nicht gleich selbst? :-)

Wenn du das alles "verwurstest", kommt eher 'ne Anti-Werbung heraus. Sowas kann man doch in einem kurzen Werbespot kaum oder gar nicht unterbringen. Aber schlechte Werbung bleibt ja meistens eh besser hängen als gute - bei mir allerdings mit dem Effekt: auf keinen Fall kaufen!